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Vita coetanea

Es war vermutlich im September 1311, als Ramon Llull die Vita coaetanea einem Mönch der Kartause von Vauvert diktierte. Die Kartause befand sich außerhalb der Stadtmauern von Paris, dort, wo sich heute die Jardins du Luxembourg befinden. Die erste Redaktion war auf Latein, da das Werk eine Darstellung Ramons im Kirchenkonzil zum Ziel hatte, das in jenem Jahr in der Stadt Vienne an der Rhône, südlich von Lyon, gehalten wurde. Ende des 14. Jahrhunderts wurde der Text von einem Schüler ins Katalanische übersetzt, der dabei eine Reihe von Änderungen vornahm. Die Vita coaetanea war eine sorgfältig argumentierte Rechtfertigung des Lebens, Werks und Charakters von „Ramon“ ohne jegliche literarische Verzierung. Von der Zeit seiner Konversion bis zu seiner Reise zum Konzil herrscht eine vollkommene Ausgewogenheit von Begeisterung und Tat, die Llull stets als von höherer Hand gesteuert erscheinen lässt. Die Pilgerfahrten, die Aufenthalte in Montpellier, Paris und Rom, die diplomatischen Unternehmungen und die Missionsreisen sind chronologisch geordnet und laufen dabei auf einen bestimmten Moment im Text zu: die Rede, die Ramon 1291 vor dem Herrscher von Tunis hält, bzw. den Beweis der Wahrheit des Christentums durch die Ars.

Thomas Le Myésier, ein Schüler Llulls und Arzt am französischen Hof, fertigte eine bebilderte Version der Vita coaetanea an, die zwei wundervolle Miniaturen enthält und die in einem als Breviculum bezeichneten Kodex enthalten ist, der in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe aufbewahrt wird.

Vgl.: Anthony Bonner und Lola Badia, Ramon Llull. Vida, pensament i obra literària (Barcelona: Empúries, 1988), S. 11-54 und 158; Raimundi Lulli, Breviculum seu electorium parvum Thomae Migerii, Charles Lohr-Theodor Pindl-Büchel-Walburga Büchel, Hg. (Turnhout: Brepols, 1990 = Corpus Christianorum. Continuatio Mediaevalis, 77).