- Eine Einführung
- Kontext
- Leben
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Werke
- Vielsprachigkeit im Werk Llulls
- Llull und die katalanische Sprache
- Verbreitung und Konservierung der Werke
- Das Buch der Kontemplation
- Das Buch vom Heiden und den drei Weisen
- Das Buch des Ritterordens
- Doctrina pueril
- Das Buch von Evast und Blaquerna
- Das Buch vom Liebenden und dem Geliebten
- Ars demonstrativa
- Felix oder das Buch der Wunder
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- Der Baum des Wissens
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Die Ars
Die Ars begann als eine Methode zur Bekehrung von Ungläubigen. Llull hatte festgestellt, dass die traditionellen Methoden, die sich auf die Autorität der Heiligen Schrift stützten, erfolglos waren. Es war unvermeidbar, dass sie sich in endlose Diskussionen über die Art und Weise der Interpretation dieser Texte verwickelten, wobei diese Diskussionen nicht nur niemanden überzeugten, sondern es dem Kontrahenten auch erlaubten, die Debatte in der Überzeugung zu verlassen, dass sein jeweiliger Glauben der einzig wahre sei. Llull hatte die Entscheidung getroffen, diese sinnentleerten hermeneutischen Turniere durch ein System zu ersetzen, das sich auf allgemeine Prinzipien stützte, die von allen drei Religionen akzeptiert wurden. So waren sich alle über die Existenz eines Gottes einig, der notwendigerweise gut, groß, ewig usw. war und der über diese Eigenschaften im größtmöglichen Maße verfügte. Jede Religion konnte auch der physischen Welt der griechischen Wissenschaft zustimmen, ebenso dem konzeptuellen Rahmen der aristotelischen Logik und Metaphysik. Llull entwickelte daher eine Methode, die diese und weitere allgemein anerkannte Konzepte kombiniert um zu zeigen, welche Kombinationen miteinander übereinstimmen und welche Widersprüche erzeugen. Diese Methode stützte sich auf eine kombinatorische Technik, die Argumente hervorbringen konnte, durch die sich eine Vermutung entweder bestätigen oder widerlegen lassen konnte (im letzteren Fall konnte auch eine Negation widerlegt und die Vermutung somit letztlich bestätigt werden). Die zu testende Behauptung konnte ein Glaubenssatz oder ein anderer Artikel sein oder auch eine andere Frage aus dem Bereich von Philosophie, Medizin, Recht oder einem anderen Gebiet zeitgenössischer Wissenschaft. Eine solche Methode konnte nicht nur in allgemeinerer Weise angewandt werden, die breiteren Anwendungsmöglichkeiten verliehen ihr auch, wie Llull bald feststellte, insgesamt eine größere Überzeugungskraft. Außerdem verführte sie seine Gegner dazu, scheinbar unschuldigen Feststellungen zuzustimmen, die dann unerwartete Folgen für ihre jeweiligen Überzeugungen hatten.
Die Ars durchlief zwei Phasen, die quaternäre und die ternäre, benannt nach der Tatsache, dass die Mehrzahl der grundlegenden Komponenten jeweils Vielfache von vier bzw. drei waren. In der quaternären Phase stützten sich Llulls Argumente auf typische neoplatonische Vergleiche, wobei Güte, Größe, Tugend etc. mit Sein in Verbindung gebracht wurden und deren Gegenteile mit Nichtsein. Diese Methode des Vergleichs konnte auf Analogien zwischen unterschiedlichen Ebenen des Seins ausgeweitet werden, ebenso wie auf die Exempla in Llulls Erzählungen, die zumeist auch dieser Periode entstammen. In der ternären Phase hatten seine Argumente Definitionen als Grundlage, wie z.B. „Güte ist das, wodurch das Gute Gutes wirkt“ oder „Größe ist das, wodurch Güte, Ewigkeit etc. groß sind“. Diese scheinbar tautologischen Definitionen entsprachen einer dynamischen Wirklichkeit, in der das, was etwas wirkt, nahezu bedeutender ist als das, was es ist, eine Dynamik, die in Llulls Lehre der Korrelative zum Ausdruck gebracht wird. Diese Definitionen hatten zudem einen allgemeinen Anspruch und konnten in gleicher Weise auf die göttliche und die geschaffene Welt bezogen werden. Llulls Kombinatorik konnte zur Formulierung von Argumenten verwandt werden, indem diese Definitionen untereinander „verknüpft“ wurden.